Lesung aus "Bildung als Brücke zum Leben"
Normalität und Teilhabe bis zum Schluss? Sollen unheilbar kranke Kinder weiter zur Schule gehen?
„Natürlich“, sagt Dr. Dorothea Hobeck in ihrem neuen Buch. „Auch todkranke Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf weitere Teilnahme am Alltagsleben“, betont Dr. Dorothea Hobeck, Vorsitzende des Vereins „Tigerauge“ Initiative Kinderhospiz Nordbayern. In ihrem Buch „Bildung als Brücke zum Leben“ erörtert Frau Dr. Hobeck, wie wichtig der Schulbesuch der jungen Patienten bleibt und gibt Lehrern, Schulleitungen, Familien und medizinischen Mitarbeitern Orientierungshilfen für diese schwierige Situation.
Zu einer Lesung in der Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Joachim Wölfle) des Universitätsklinikums Erlangen kamen zahlreiche Zuhörer – auch eine betroffene Familie berichtete. Hausaufgaben, Klassenarbeiten und große Pausen – ganz normal für die meisten Kinder und Jugendlichen. Was aber, wenn ein Schüler unheilbar krank ist oder aufgrund eines stationären Krankenhausaufenthalts lange nicht zur regulären Schule gehen kann? Muss dann trotzdem weiter gelernt werden? Ergibt Bildung überhaupt noch Sinn, wenn die Lebenszeit nicht mehr für den Schulabschluss reicht? Dr. Hobeck ist überzeugt: „Auf jeden Fall sollten und müssen Schüler aufgrund der Schulpflicht auch bei eingeschränkter Schulfähigkeit weiter zur Schule gehen oder die Möglichkeit zu Bildungsangeboten haben, sofern ihr Gesundheitszustand dies zulässt. Normalität und Teilhabe helfen, das Leben nicht nur auf die Erkrankung zu reduzieren. Noch dazu bleiben die jungen Patienten so in Kontakt mit ihren Freunden und Lehrern.“
Das bestätigten auch die zur Lesung gekommenen Eltern des Jungen, dessen Geschichte Dr. Hobeck in ihrem Buch erzählt. „Unser Sohn wollte lernen und hatte bis zum Schluss den Wunsch, dass die Lehrkräfte der Schule für Kranke, die Hauslehrerin und die Lehrkräfte der Regelschule ihn unterrichteten“, sagte die Mutter. Diese Aussage unterstützte die Hauslehrerin: „Ich möchte Mut machen, dass Lehrkräfte und Schulen sich diese Aufgabe zutrauen und dass sie sich einlassen auf das schwerkranke Kind, zumal es ja unsere Pflicht ist, da auch diese Kinder schulpflichtig sind.“ Der ehemalige Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Rascher wies in seiner Rede darauf hin, dass die Offenheit innerhalb der Kinderklinik für das Thema Schule im Kontext schwerster Krankheit in den vergangenen Jahren gewachsen sei. „Das Buch ist so gesehen auch eine Art Pionierarbeit – bisher gibt es kaum Handlungsempfehlungen für diese Situation.“ Um Familien, Lehrern, Schulleitungen und medizinischen Mitarbeitern Orientierungshilfen zu geben, hat Frau Dr. Hobeck „Bildung als Brücke zum Leben“ geschrieben. Hier erklärt die Pädagogin mit jahrelanger Erfahrung in der Kinderhospiz-Arbeit, welche Bildungsmöglichkeiten gegeben sind, wie das erkrankte Schulkind am besten unterstützt werden kann und wie Lehrkräfte mit ihren gesunden Schülern über das Thema sprechen können.
Kinderklinik, Uni-Klinikum Erlangen