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Ihr Herz gehört den kleinen Patienten

sechs+sechzig · Ausgabe 4/2023

Der Erlanger Verein »Tigerauge« kümmert sich um schwerstkranke Kinder

In den 15 Jahren ihres Bestehens hat die Initiative »Tigerauge – Kinderhospiz Nordbayern« wahrlich Außerordentliches geleistet. Zahlreiche schwerstkranke Kinder und ihre Familien hat der Verein  nanziell, sozial und auch mental unterstützt und zugleich mit Fördermitteln ein entsprechendes Hilfs- und Beratungsnetz verbessert. Ob es um die Betreuung von Geschwisterkindern ging, wenn etwa die Eltern in der Klinik bei ihrem todkranken Kind waren, oder um den Schulbesuch der sterbenskranken Kinder selbst: »Es gab zuvor in dem Bereich so gut wie nichts«, sagt Vereinsgründerin und -vorsitzende Dorothea Hobeck.

Die 74-Jährige arbeitete 21 Jahre lang als Diplompädagogin, Lehrerin und Beratungslehrerin am Sozialpädagogischen Förderzentrum (der jetzigen Otfried-Preußler-Schule) in Erlangen und zehn Jahre an der Schule für Kranke des Universitätsklinikums Erlangen. »Gerade der Schulbesuch ist für schwerkranke Kinder sehr wichtig, sie wollen das machen, was die Gleichaltrigen auch machen, den Unterricht besuchen, Klassenkameraden treffen und Noten bekommen.« Oft musste Hobeck miterleben, wie Schulen schwerkranke Kinder mit der Begründung nicht teilnehmen ließen: »Das Kind liegt in der Klinik und ist krankgeschrieben, da kann es nicht zu uns kommen.« Diese Gespräche hätten sie oft wütend und traurig gemacht, erinnert sie sich noch heute. Es gab aber auch andere Situationen, nämlich dass Eltern die Lehrerin zuhause anriefen und sagten: »Frau Hobeck, unser Kind möchte jetzt in die Schule gehen. Da bin ich dann ans Krankenbett oder in mein Klassenzimmer und habe das Kind unterrichtet«, erinnert sie sich. Ihr 2009 verstorbener Ehemann Paul Hobeck, Chefsyndikus beim Siemens-Konzern, war von der Situation schwerkranker Kinder ebenfalls zutiefst angerührt und wollte helfen – und so rief das Erlanger Ehepaar den Verein »Tigerauge« ins Leben.

Das Engagement ist mittlerweile Familiensache in dritter Generation: Für die vier Enkelkinder ist Omas Einsatz Ehrensache, und sie helfen mit, wo sie können. Wenn ein Kind mit einem unheilbaren Leiden geboren oder plötzlich schwerkrank wird, sind die Eltern mit der Situation oft erst einmal überfordert. Dorothea Hobeck und der Verein versuchen alles, um den Kindern und ihren Angehörigen die äußeren Rahmenbedingungen in dieser schwierigen Situation so gut und passend wie möglich zu gestalten: Das kann der Rollstuhl für ein Kind sein, den die Krankenkasse nicht bezahlt. Das kann ein letzter Wunsch eines im Sterben liegenden Jugendlichen sein, den die Eltern aus  nanziellen Gründen nicht erfüllen können. In solchen Fällen springt der Verein mit seinem großen und zuverlässigen Spender- und Sponsorennetz ein; zudem unterstützt »Tigerauge« auch sozialpädagogische Angebote aller Art an der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums. Mit Spenden hat man dort beispielsweise einen Abschiedsraum für verstorbene Kinder und einen Andachtsraum für Zeiten zum Innehalten eingerichtet. Mit dem Bus zur Schule
Auf derselben Etage wie der Rückzugsort ist die Schule für Kranke, dort, wo Dorothea Hobeck jahrelang schwerkranke Kinder unterrichtet hat und oft mit ansehen musste, wie diese zusätzlich zu ihrer Krankheit auch noch vom Unterricht isoliert wurden. Aber das hat sich ja seitdem verbessert. Jetzt können jugendliche Patienten, wenn es ihr Zustand zulässt, bisweilen doch in ihre Schule gehen: »Tigerauge« hat im Lauf der Jahre unter anderem mehrere Fahrzeuge angeschafft, mit denen die Mädchen und Jungen von zu Hause abgeholt werden können. »Diese Normalität ist ganz wichtig«, sagt Hobeck. Die Vereinsvorsitzende möchte das schwere Thema Sterben und Tod von Kindern und Jugendlichen von Tabus befreien und in die Öffentlichkeit bringen. Auch dazu hat sie in den vergangenen 15 Jahren viel beigetragen. Es gebe aber immer noch viel zu tun, sagt sie. »Unsere Hilfe und Angebote müssen nachhaltig sein«, betont sie, »der Verein muss eine Zukunft haben.« Noch ist Dorothea Habeck sehr aktiv, kann sich aber vorstellen, sich langsam im Verein zurückzuziehen. Ihre beiden Töchter sind bereits Mitglied; Nora Hahn-Hobeck ist sogar im Vereinsvorstand aktiv – womöglich, sagt sie, mit der Perspektive, selbst einmal den Vorsitz von ihrer Mutter zu übernehmen.

Doch noch ist Dorothea Hobeck Vereinsche n und noch immer so engagiert wie am Anfang. Angesprochen auf weitere Ziele fällt ihr ein Projekt ein: »Es gibt ja schon Möglichkeiten, wie schwerkranke Mütter und Väter ihren Kindern etwas aufnehmen oder aufschreiben können«, erzählt Hobeck, »so etwas möchten wir auch für unsere sterbenden Kinder haben.« Viele Kinder möchten gerne irgendein Zeichen, dass sie auch einmal da waren, für die Nachwelt hinterlassen.

TEXT: SHARON CHAFFIN; FOTO: MILE CINDRIC

INFORMATION
Der Verein »Tigerauge – Initiative Kinderhospiz Nordbayern« freut sich über Spenden auf das Spendenkonto bei der Sparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach,
IBAN: DE63 7635 0000 0060 0149 95
Stichwort: »Tigerauge«.

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